Fayencen des Ostseeraumes
Herzstück der Räume zur Kunst des Rokoko ist die Sammlung von Fayencen aus dem Ostseeraum. Durch die Schenkung Axel Springers im Jahr 1997 erfuhren die umfangreichen Bestände des Museums eine enorme Bereicherung, so dass sie nun zu den größten und bedeutendsten Fayencesammlungen Nordeuropas zählen. Die Ausstellung zeigt die gesamte Bandbreite dieser keramischen Erzeugnisse. Vom Tafelgeschirr und edlen Tafelaufsätzen bis hin zu einem Segelschiff im Miniaturformat.
Eine Spezialität sind aufwendig szenisch und ornamental bemalte Teetische. Diese waren beim Adel sowie in dessen Umfeld sehr beliebt. Sie standen für eine neue Lebensart. Der Grund ist einfach: Heißgetränke mit kostspieligen Zutaten aus Übersee kamen in Mode. Und die heißen Tassen mit Tee, Kaffee und Schokolade wollte man nicht auf die lackierten Tische stellen.
Eine weitere Besonderheit für den protestantisch geprägten Norden sind die in Dänemark erfundenen Bischofsbowlen. Gefäße in Form einer Bischofsmitra aus denen man die gleichnamige, in Nordeuropa verbreitete Bowle trank – die aus Rotwein, Pomeranzen bzw. Zitronen und Zucker bestand. Der Missbrauch einer liturgischen Kopfbedeckung als Bowlengefäß und die mit diesem Getränk einhergehenden Trinksitten lassen sich auf Ressentiments von Protestanten gegenüber Katholiken zurückführen.
Ähnlichkeiten in Form und Dekor vieler Fayencen lassen die kulturelle Einheit des Ostseeraums erkennen. Darüber hinaus gab es persönliche Verbindungen zwischen den einzelnen Produktionsstätten. Die hochspezialisierten und begehrten Fachkräfte - allen voran die Meister - zogen von Manufaktur zu Manufaktur und verbreiteten so ihr Formen- und Motivrepertoire.